Manche wundern sich und fragen, warum die Messe im tridentinischen
Ritus nicht nach dem Schlusssegen beendet ist, sondern darauf noch das
sogenannte Schlussevangelium folgt.
Ursprünglich hatte das Schlussevangelium den Charakter eines Segens.
Wenn der Anfang des Evangeliums feierlich gelesen wird, dann steht der
Beginn stellvertretend für das Ganze.
Inhaltlich bildet das Schlussevangelium einen äußerst passenden
Abschluss der heiligen Messe, denn es enthält eine wunderbare
Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte des Messopfers und der
wichtigsten Geheimnisse des Glaubens. Der hl. Apostel und Evangelist
Johannes wird zu Recht mit dem Symbol des Adlers dargestellt, denn vom
Adler sagt man, er könne mit bloßem Auge in die Sonne schauen.
Tatsächlich gleicht der Beginn seines Evangeliums einem adlerhaften
Blick in die ewige Sonne der Gottheit: „
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“
In der Gesamtstruktur der heiligen Messe steht das Schlussevangelium parallel zum
Stufengebet. Während dort die Bitte stand: „
Sende aus Dein Licht und Deine Wahrheit“, finden wir im Schlussevangelium gleichsam die Antwort, denn es spricht vom „
wahren Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kommend in diese Welt“.
Von Johannes dem Täufer heißt es: „
Es ward ein Mensch, gesandt von Gott.“ Er sollte dem Herrn vorangehen, um ihm den Weg zu bereiten: „
Er
kam zum Zeugnis, damit er Zeugnis gebe vom Licht, damit alle zum
Glauben kämen durch ihn.“ Weil aber die Menschen die Finsternis mehr
liebten als das Licht (vgl. Joh 3, 19), musste Johannes dasselbe
Schicksal erleiden wie vor ihm die alttestamentlichen Propheten (vgl. Mk
6, 17-29) und wie nach ihm Jesus, gefolgt von einer großen Schar von
Blutzeugen.
Jesus „
war in der Welt, und die Welt ist durch ihn
geworden, und die Welt hat ihn nicht erkannt. Er kam in das Seine, doch
die Seinen nahmen ihn nicht auf. Die IHN aber aufnahmen: Ihnen gab er
Vollmacht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an SEINEN Namen glauben.“
Zu den Worten: „
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“,
beugt der Priester anbetend das Knie. Wie das göttliche Wort damals
in Nazareth in den Schoß der Jungfrau Maria hinabgestiegen ist, so ist
Christus nun auf das Wort des Priesters hin auf den Altar
herabgestiegen.
Wer in rechter Weise die heiligen Messe mitgefeiert hat und wem es
gelungen ist, mit gläubigem Blick ein klein wenig den Schleier des
Mysteriums zu lüften, wird ebenfalls sagen können: „
Et
vidimus gloriam eius … – Und wir haben SEINE Herrlichkeit gesehen, die
Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.“ „
Deo gratias!“
INITIUM SANCTI EVANGELII SECUNDUM JOANNEM
Schlussevangelium (Jo. 1,1-14)
Zum einführenden Text vgl. alte-messe.de