Unterricht für das Fest der Erhöhung des heiligen Kreuzes
(14. September)
Was ist das für ein Fest?
Dieses Fest
ist das jährliche Gedächtnis, das das Kreuz, an welchem Christus gestorben, in
der von Konstantin dem Großen und seiner Mutter, der hl. Helena, zu Jerusalem
erbauten heiligen Kreuzkirche zur öffentlichen Verehrung wiederaufgestellt,
nachdem es vierzehn Jahre in Persien zurückbehalten gewesen.
Wann ist dies geschehen?
Dies
geschah unter dem Kaiser Heraklios (+641), der das heilige Kreuz, welches von
dem Perserkönige Cosroes nach Persien gebracht worden war, nach vierzehn Jahren
wiedereroberte, nach Jerusalem zurückbrachte und selbst auf den Kalvarien trug,
auf den es der Heiland getragen hatte. Als Heraklios angetan mit dem
kaiserlichen Schmucke, aus Ehrfurcht das heilige Kreuz an den bestimmten Ort
tragen wollte, konnte er dasselbe nicht weiterbringen, bis er auf Anraten des
Patriarchen Zacharias den kaiserlichen Schmuck ablegte, sich schlecht kleidete,
die Schuhe auszog und auf solche Art sich dem demütigen Heiland gleich machte.
Was sollen wir hieraus lernen?
Dass wer
immer Christo ähnlich werden und ins Himmelreich eingehen will, vorerst sein
Kreuz auf sich nehmen, die Pracht der Welt von sich entfernen, und in Demut und
Geduld ihm nachfolgen müsse. Konnte schon beim Tragen des heiligen Kreuzes der
Kaiser nicht an die bestimmte Stelle gelangen, weil er ein prächtiges Kreid
trug; wie viel weniger wird der Christ bei weichlichem Leben in das Reich
Gottes eingehen können?
Die heilige Messe.
Eingang wie
am Feste der Auffindung des heiligen Kreuzes. (3. Mai)
Gebet der Kirche. O Gott! Der Du uns heute durch die
jährliche Feier der Erhöhung des heiligen Kreuzes erfreuest; wir bitten Dich,
verleihe uns, dass wir, die wir dessen Geheimnis auf Erden erkannt haben, de
Preis seiner Erlösung auch im Himmel zu erhalten gewürdigt werden. Durch Jesum
Christum, Deinen Sohn, unseres Herrn. Amen.
Lesung
wie am Feste der Auffindung des heiligen Kreuzes. (3. Mai)
Evangelium nach dem hl. Johannes. (Jo 12, Vers 31-36)
In
derselben Zeit sprach Jesus zu den Scharen der Juden: Jetzt ergeht das Gericht
über die Welt; jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgestoßen. Und ich, wenn
ich von der Erde erhöhet bin, werde alles an mich ziehen. Das sagte er aber, um
anzudeuten, welches Todes er sterben werde. Da antwortete Ihm das Volk: Wir
haben aus dem Gesetze gehört, dass Christus ewig bleibe; wie sagst Du denn: der
Menschensohn muss erhöht werden? Wer ist dieser Menschensohn? Jesus aber
antwortete ihnen: noch eine kurze Zeit ist das Licht bei euch. Wandelt, solange
ihr das Licht habet, damit euch nicht Finsternis überfalle; denn wer in der
Finsternis wandelt, der weiß nicht, wohin er geht. Glaubet an das Licht,
solange ihr das Licht habet, damit ihr Kinder des Lichtes seid.
Was ist zu verstehen unter den Worten: „Jetzt ergeht das Gericht über
die Welt?“
Der hl.
Augustinus sagt: „Der Teufel besaß das Menschengeschlecht und behielt, vermöge
der Sündenhandschrift, die der Strafe Schuldigen; er herrschte in den Herzen
der Ungläubigen und schleppte die Betrogenen und Gefangenen dahin, dass sie den
Schöpfer verlassend, das Geschöpf verehrten. Aber durch den Glauben an
Christus, welcher durch dessen Tod und Auferstehung bestätigt worden ist, durch
Christi zur Vergebung der Sünden vergossenes Blut werden Tausende der Gläubigen
von der Herrschaft des Teufels befreit, dem Leibe Christi eingefügt und unter
seinem so großen Haupte als treue Glieder durch den heiligen Geist belebt. Das
nannte er das Gericht. Diese Aussonderung, diese Vertreibung des Teufels von
seinen Erlösten.“
Was bedeuten die Worte: „Wenn ich erhöht sein werde?“
Christus
versteht darunter seinen Tod zur Erlösung aller. Er wollte mit diesem Ausdruck
andeuten, dass man sich an seinem Kreuztode nicht ärgern soll, da er ja eine Erhöhung,
ein Sieg sei, der Sieg über die Herrschaft des Satans.
Was sagen die Worte: „Werde ich alles an mich ziehen?“
Das heißt:
Christus wird durch seinen Tod am Kreuze alle, Juden und Heiden, dem Satan
entziehen und mit sich vereinigen. „Ziehen“ sagt Jesus, um die Gewalt, womit
der Satan unter seiner Dienstbarkeit zurückhält, ferner unter Unvermögen, uns
aus eigener Kraft von dem Satan loszumachen, und endlich die Notwendigkeit
seiner Gnade anzudeuten.
Warum verstanden die Juden die Worte von der Erhöhung nicht?
Das Gesetz
und die Propheten reden zwar von der ewigen Herrschaft Christi, aber nicht
minder deutlich von seinem Leiden und Sterben. Den Juden aber war das Kreuz ein
Ärgernis; sie wollten nur von einem glorreichen Messias etwas wissen. Diese Verblendung
war Schuld, dass sie die Rede Jesu, so wie die Prophezeiungen des alten Bundes
nicht verstanden.
Was bedeuten die Worte: „Wandelt, solange ihr das Licht habet etc.“?
Das ist
eine Warnung Jesu vor der Verblendung, und eine Mahnung, die Augen dem offenbaren
Lichte seiner Lehre und seiner Wunder nicht zu verschließen. Bei den Juden war
diese Mahnung umsonst, und bei uns? O wandeln wir, solange wir noch das Licht
haben, wie lange noch, und die Nacht des Todes bricht über uns herein.
Gebet. O Herr Jesus Christus! Der Du uns
am Stamme des Kreuzes von der Dienstbarkeit des Teufels befreit hast, erhöre
uns arme Sünder, die wir von diesem heilsamen Zeichen des heiligen Kreuzes
unsere Sünden erkennen und flehentlich um Verzeihung derselben bitten. Wir bitten
Dich, Du wollest uns um Deines bitteren Leidens und Sterbens willen vor allem
Übel und allen Gefahren behüten, dass wir in der Kraft Deines Todes der Arglist
des bösen Feindes widerstehen und, von dem ewigen Tode befreit, das ewige Leben
erlangen mögen. Amen.
Unterricht von der Kreuzweg-Andacht.
Was ist der heilige Kreuzweg?
Eine
Andachtsübung, bei welcher man das Leiden und Sterben Jesu, besonders seinen
letzten Lebensgang vom Hause des Pilatus bis zum Kalvarienberg betrachtet.
Wie ist diese Andacht entstanden?
Die
beständige Überlieferung zeugt hierfür, dass nach Christi Himmelfahrt die zu
Jerusalem wohnenden Christen, die durch das Leiden des göttlichen Erlösers
geheiligten Orte besonders zu ehren pflegten. In späteren Zeiten eilten die
Christen aus allen Welten Gegenden scharenweise zum Besuche derselben hin.
Nachdem aber Jerusalem in die Hände der Ungläubigen gefallen und deshalb der
Weg dahin äußerst gefährlich oft unmögllich geworden war, fingen die Söhne des
hl. Franziskus von Assissi an, in ihren Kirchen die vierzehn Stationen des
Kreuzweges aufzurichten, bei deren Betrachtung die Gläubigen im Geiste mit den
Pilgern zu Jerusalem den Weg auf den Kalvarienberg gehen, erwägend, dass Jesus
für die Menschen gelitten hat. Station heißt Standplatz, Ruhepunkt zur
Betrachtung. Diese Andacht wurde von mehreren Päpsten geprüft, gutgeheißen, mit
vielen Ablässen begünstigt und den Christen eifrig empfohlen. Man findet sie
beinahe in jedem Gebetbuche.
Ist der Kreuzweg eine nützliche Andacht?
Es gibt
gewiss keine nützlichere Übung für das Heil unserer Seelen, als diese. Was kann
uns die Liebe Gottes und die Hässlichkeit der Sünde lebhafter vor Augen
stellen, als das Leiden des Gottmenschen? Wie könnten wir noch hassen, wenn wir
Jesus für seine Feinde beten hören? Wie der Weichlichkeit und Fleischeslust
dienen, wen wir den göttlichen Heiland gegeißelt, mit Dornen gekrönt am Kreuze
hangen sehen? Wie sollten wir gegen unser Kreuz murren, es unwillig tragen
können, wenn wir bedenken, dass Jesus das Kreuz unschuldig für uns, die
Schuldigen, auf sich nimmt. Wahrlich, wir würden nimmer sündigen, wir würden
unsere Lauigkeit und Kälte verschwinden sehen, wie das Eis in der Wärme
zerschmilzt, wir würden immer eifriger auf dem Tugendwege werden, sofern wir
das Leiden Jesu recht betrachten.
Wie soll man den Kreuzweg besuchen?
Um den
Kreuzweg recht zu besuchen und wahren Nutzen daraus zu ziehen, soll man
aufmerksam, mit Andacht und Reue bei jeder Station betrachten, was Jesus für
uns getan und gelitten hat. Man soll nämlich nicht bloß die bei jeder Station
angegebenen Gebete und Betrachtungen hersagen, sondern dabei gleichsam ausruhen
und zu Herzen nehmen, was da vorgestellt wird, damit unser Herz gerührt und zu
heilsamen Entschlüssen bewogen werde. Um die Ablässe zu gewinnen, muss man sich
befleißen, im Stande der Gnade zu sein; also wenigstens gleich anfangs eine
vollkommene Reue über seine Sünden erwecken.
+++
R. P. Leonhard Goffine, Ord. Praem.
Unterrichts-
und Erbauungsbuch oder
Katholische
Handpostille
108.
Auflage von 1912
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